Rezension „In ihrem Haus“ – Yael van der Wouden

Gutkind Verlag* | Übersetzerin:  Stefanie Ochel Gebundene Ausgabe | 304 Seiten | 24,00 € 

INHALT:

1961, in der niederländischen Provinz: Seit dem Tod ihrer Mutter lebt Isabel allein in dem großen, von der Zeit gezeichneten Familienhaus. Die Tage ziehen ruhig und geordnet dahin. Doch als ihr Bruder Louis seine ungehobelte Freundin Eva bei ihr einquartiert, geraten Isabels stille Routinen ins Wanken, und das Haus, das einst Schutz und Sicherheit bot, wird zum Schauplatz unheimlicher Veränderungen. Plötzlich verschwinden Dinge und Isabel wird immer misstrauischer gegenüber Eva, die nicht das zu sein scheint, was sie vorgibt.

In der flirrenden Sommerhitze entwickelt sich eine unerwartete Anziehung zwischen den beiden Frauen, die Isabels festgefügtes Weltbild erschüttert. Die Vergangenheit, die Isabel zu verdrängen versucht hat, holt sie endgültig ein und zwingt sie, sich ihren Vorurteilen und der dunklen Geschichte des Hauses zu stellen.

                                                  

MEINUNG:

In ihrem Haus ist mir relativ früh in den Buchvorschauen ins Auge gefallen. Ich lese allerdings auch gerne Literatur von niederländischen AutorInnen, da ich gerne in das Land fahre und mich irgendwie verbunden fühle.

Das Buch ist in drei Abschnitte geteilt, die äußerst clever gestaltet sind und der Geschichte nach Teil zwei und Teil drei jeweils immer wieder eine andere Richtung geben. Ich muss sagen, dass ich den Klappentext nur anteilig gelesen habe und so bin ich eher davon ausgegangen, dass die Beziehung zwischen Eva und Isabel eine ganz andere Richtung nimmt, eher in eine Richtung sehr zerstörerische Beziehung, da von Isabel anfangs eine so große Abneigung gegenüber Eva war. Isabel ist ein spannender, aber auch schwieriger Charakter, was sehr ich mochte. Ich fand sie nicht wirklich gut durchschaubar anfangs. Sie ist sehr kritisch, streng und penibel, vor allem mit dem titelgebenden Haus, welches wohl irgendwo in der Nähe von Zwolle sein muss. Ihr Weltbild ist ebenfalls sehr eng gestrickt und sie wirkt oft griesgrämig, macht es einem schwer sie zu mögen. Meiner Meinung nach soll sie in den 30er sein, wirkt aber wie 50 Jahre alt.

Eva ist das komplette Gegenteil, aber dennoch auch erstmal schwer zu deuten. Für mich war es sehr überraschend, dass zwischen den beiden eine plötzliche Anziehung besteht, die mehr ist als nur Freundschaft. Die beginnende Liebesbeziehung stellt alles auf den Kopf, vor allem bei Isabel, die von ihren Gefühlen förmlich überrollt wird. Weitere Schwierigkeit ist, dass Eva eigentlich mit Isabels Bruder Louis zusammen ist und dass man von Isabel selbstverständlich zu der Zeit erwartet, dass sie bald einen Mann heiratet. Die gesellschaftlichen Konventionen sind zu der Zeit noch eng. Die Entwicklung von Isabel ist enorm. Es war mir beim Lesen eine Freude, dass sie so aufgeblüht ist, weil sie einfach rettungslos verliebt ist und auch um Eva kämpft, denn die zeigt sich zurück haltend in Zukunftsfragen. 

Im dritten Abschnitt dreht sich die Geschichte nochmals, denn irgendwann ist klar, dass auch Eva Dinge verbirgt und das es etwas mit dem Haus zu tun haben muss. Die Handlung führt in die nationalsozialistische Vergangenheit der Niederlande, über die ich nichts wirklich wusste. Die Autorin greift hier ein paar kritische Punkte auf. In diesem dritten Abschnitt kommt auch nochmal eine fragmentarische Tagebuchperspektive zum besseren Verständnis von den Beweggründen einer Person. Ich habe zwischenzeitlich die Hoffnung verloren, dass es hier ein gutes Ende geben wird, aber das Ende hat mich sehr versöhnlich gestimmt. 

FAZIT:

In ihrem Haus ist sehr vielschichtiger Roman, von dem ich anhand des Klappentextes eine komplett andere Vorstellung hatte. Selten hat mich ein Roman so überrascht. Der Aufbau ist von der Autorin sehr gut durchdacht und entfaltet so eine große Wirkung und Richtungen, die ich nicht habe kommen sehen. Es ist mehr als eine Liebesgeschichte. Es geht auch um historische Schuld, Emanzipation und Feminismus. Für mich definitiv ein Highlight und ich würde auch empfehlen nicht zu viel vom Klappentext vorher zu lesen!

Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar freundlicherweise von Gutkind Verlag* über NetGalley* zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür! Meine Meinung wurde dadurch nicht beeinflusst.

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