Rezension „Leute von früher“ – Kristin Höller

Suhrkamp Verlag* | Gebundene Ausgabe | 316 Seiten | 22,00 € 

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INHALT:

Marlene hat gerade ihr Studium beendet und fängt als Verkäuferin in einem Erlebnisdorf an, in dem alles so ist wie um 1900 – Brauchtum, Handwerk, Kleidung. Die aufwändige Inszenierung wird von zahlreichen Saisonkräften aufrechterhalten, die jenseits der »Kostümgrenze« in einfachen Baracken wohnen. Bald lernt Marlene Janne kennen, die hier aufgewachsen ist, und fühlt sich ungewohnt stark zu ihr hingezogen. Doch nicht nur die Gefühle für sie, auch die Insel selbst scheint Marlenes Wahrnehmung zu verändern. Im Watt erinnern die Überreste der versunkenen Stadt Rungholt ständig daran, welches Unheil durch den steigenden Meeresspiegel droht. Je näher sie und Janne sich kommen, desto deutlicher spürt Marlene, dass Janne ein Geheimnis hat, das weit in die Vergangenheit der Insel reicht. Und sie ist nicht die Einzige. Immer öfter beobachtet Marlene merkwürdige Vorfälle, bis sie schließlich einen Zusammenhang erahnt.

MEINUNG:

Kristin Höller kannte ich bisher nicht, aber das auf Leute von früher bin ich schon frühzeitig aufmerksam geworden und war auch von dem Cover magisch angezogen. Ich habe mir hier ein bisschen eine Coming-of-Age Geschichte vorgestellt, die ein bisschen Nordsee-Sommerfeeling aufkommen lässt. 

Die ersten 100 Seiten des Buches fielen mir ziemlich schwer, was an verschiedenen Faktoren gelegen hat. Der Schreibstil lässt sich flüssig lesen, aber ich fand ihn ziemlich emotionslos und es fehlt mir auch an Atmosphäre. Immer wieder habe ich mir die Frage gestellt, was will uns die Autorin mit diesem Buch erzählen, was ist hier das Besondere? Zu Marlene konnte ich nicht wirklich eine Beziehung aufbauen. Sie ist mit ihrem Studium fertig und wenn da nicht erwähnt worden wäre, dass sie schon Ende 20 ist, dann hätte ich sie eher als Schülerin gesehen, die gerade ihr Abi fertig gemacht hat. Dieser Eindruck hat sich auch weiter fortgesetzt und ich musst mich gedanklich immer wieder korrigieren. Marlene ergreift nun diese Art „Ferienjob“  in einem Erlebnisdorf, welches das Leben und Brauchtum um 1900 darstellt, auf der Nordseeinsel Strand in der Nähe von Husum. So überbrückt sie erst einmal den Fakt, dass sie mit ihrem Studium so schnell erstmal keinen passenden Job findet. Marlene lässt auch ein soziales Leben zurück, dabei werden diverse Personen so erwähnt als ob man die schon kennen müsste. Ich war davon anfangs ein bisschen genervt, weil es nicht relevant war und man aber trotzdem Marlene nicht besser kennengelernt hat. Was mich mehr interessiert hätte, warum Marlene kein so gutes Verhältnis zu ihren Eltern hat. Das wird nicht ganz so richtig ausgeführt. Allerdings wissen die nicht mal, wo sie sich aufhält.

Das erste Drittel bewegte mich eigentlich fast zum Abbruch des Buches, denn ich fand die Geschichte einfach relativ langweilig und es gab auch keine nennenswerte Atmosphäre. Ich habe trotzdem beschlossen weiterzulesen, denn ich habe auf die Entwicklung der Beziehung zwischen Janne und Marlene gewartet. Janne ist sozusagen eine Einheimische von der Insel. Die Liebesbeziehung zwischen den beiden entwickelt sich saghaft und ich habe das gerne gelesen. Janne wirkt etwas verloren und dennoch fest verbunden mit der Insel. Beide erleben eine schöne Zeit, allerdings immer mit der Frage, was nach der Saison passiert. Marlene wirkte auf mich, ebenso was die berufliche Zukunftspläne angeht, etwas passiv und will sich auf nichts festlegen. Auf den letzten 50 Seiten schlägt dann die Atmosphäre des Buches um, was ich mir schon viel früher gewünscht hätte. Es beginnt schon ein bisschen früher mit den ganzen Geschichten um eine versunkene Stadt und Wasserflecken. Eventuell muss man das ein bisschen mögen, aber das Ende ist wirklich dramatisch und voller Atmosphäre, so dass ich wirklich ein bisschen sprachlos am Ende zurück blieb. 

FAZIT:

Von Leute von früher habe ich ehrlich gesagt ein bisschen mehr erwartet. Der Schluss hat mir atmosphärisch sehr gut gefallen. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass die Autorin diese Atmosphäre schon von Beginn besser aufgebaut hätte. An sich wird hier keine neue Geschichte erzählt, aber sie hätte sich durch das WIE von anderen abheben können.

Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar freundlicherweise von Suhrkamp Verlag* über Vorablesen* zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür! Meine Meinung wurde dadurch nicht beeinflusst.

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