Rezension „Nichts wächst im Mondschein“ – Torborg Nedraas

Luchterhand Verlag* | Gebundene Ausgabe | Übersetzung: Gabriele Haefs | 305 Seiten | 22,00 € 

INHALT:

Ein kleiner norwegischer Küstenort in den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts: ein nächtlicher Bahnhof, eine Frau mit einem roten Koffer, ein Fremder voller Einsamkeit im Gepäck. Gemeinsam gehen sie durch die Gassen, Seite an Seite, inmitten des dichten Schnees, der fällt, und der Kälte, die an den Gliedern zerrt. Bei ihm zu Hause dann erzählt sie ihm, einer modernen Scheherazade gleich, ihr Leben. Das ist der Handel, den sie eingehen in dieser Nacht. Sie, die ihm ihre Geschichte gibt. Er, der sie bewahrt.

Was sie erzählt, und zwar schonungslos offen, ist die Geschichte einer verhängnisvollen Affäre zwischen einer jungen Frau und einem älteren Mann. Hier nahm alles seinen Anfang: das Glück, das Unglück und schließlich das Verderben. Sie, auf der Suche nach Liebe und Verbundenheit. Er, der sich aus Karrieregründen für die Tochter eines Apothekers entscheidet statt für die aus der Arbeiterschicht. Schwanger geworden steht sie vor einer Reihe von Entscheidungen, die in ihrer Zeitlosigkeit bestürzend sind – und die zu dieser Nacht in diesem Haus mit diesem Fremden führen.

MEINUNG:

Nichts wächst im Mondschein ist 1947 erschienen und in dieser Neuübersetzung von Gabriele Haefs bei Luchterhand Verlag erschienen. Ich bin darauf aufmerksam geworden, weil Norwegen dieses Jahr Gastland auf der Leipziger Buchmesse war.

Der Roman ist fast ausschließlich ein Monolog einer jungen Frau. Der Mann, den sie trifft und dem sie die Geschichte erzählt, ist nur eine Nebenfigur und liefert der Leserschaft ein paar Eindrücke von außen hinsichtlich Verhalten, Mimik und Gestik der Frau während sie erzählt. Ich habe zunächst ein bisschen gebraucht um reinzukommen und ich glaube, auch die Frau hat gebraucht um sich zu sortieren. Der Erzählton war anfangs ziemlich überschwänglich und etwas unstrukturiert. Spannend wurde es für mich als sie von ihrer Herkunft berichtet hat, denn sie ist einfachen Verhältnissen als Tochter eines Bergmanns groß geworden. Theoretisch hätte sie die Chance gehabt dieser Klasse so entfliehen, denn der Vater ermöglicht ihr auf die Realschule zu gehen, doch mit ersten sexuellen Begierde für ihren Lehrer Johannes kippt diese Chance auf ein besserer Leben. Die Frau verachtet ihre eigene Mutter für dieses ärmliche Leben eingebettet im Patriarchat, wo sie von früh bis spät schuften muss und landet dann leider selbst in einem solchen Leben.Die Beziehung zu Johannes  ist toxisch und destruktive, vermutlich einseitige Liebe. Es gelingt der Protagonistin nicht von Johannes loszukommen. Selbst als er heiratet geht die Affäre weiter. 

Torborg Nedraas schildert vieles schonungslos, auch eine selbstdurchgeführte Abtreibung. Das macht den Ton des Romans schwer, hart und lässt auch wenig Platz für Hoffnung, denn die gab es zu dieser Zeit für Frauen einfach nicht. Beim Lesen fiel es mir manchmal schwer Verständnis für die Protagonistin aufzubringen, weil sie erstens von Johannes einfach nicht los lassen kann und auf Grund von fehlender Verhütung mehrmals schwanger wird. Ich musste mich wiederholt hinterfragen beim Lesen, ob dass nicht die üblichen Glaubenssätze des Patriarchats sind, nämlich immer der Frau die Schuld geben, wenn sie schwanger wird. Was können wir Frauen froh sein, dass es heute das Recht auf die Pille und weitestgehend ein Recht auf Abtreibung gibt. Mir gefiel auch die schonungslose Hinterfragung, ob Kinder, die unehelich geboren sind, weniger wert sein sollen als solche die ehelich geboren werden, denn solche Themen werden nicht offen angesprochen. Solche Themen gehören vertuscht. Selbst unter Frauen gibt es keine Solidarität untereinander, sondern sie sind oft die ärgsten Feinde. Natürlich gibt man wieder den Müttern die Schuld für die Schwangerschaften. Viele Frauen sind daher gezwungen zu heiraten, im Zweifel auch nicht den Vater des Kindes. So etwas wie freie und eigenbestimmte Sexualität gibt es für Frauen nicht, denn am Ende ist es ihr Körper der schwanger wird und damit ihr Schicksal besiegelt.

Beim Lesen musst ich des Öfteren Mal auch an Tove Ditlevsen denken und nach dem ich das Nachwort von Dorthe Nors gelesen habe, sind diese Vergleiche durchaus angebracht, denn auch sie vergleicht die beiden Schriftstellerinnen.

FAZIT:

Dorthe Nors schreibt in ihrem Nachwort, dass es schwer ist Nichts wächst im Mondschein zur vergessen, weil er uns verfolgt und weh tut. Dieser Aussage kann mich nur anschließen. Zur damaligen Zeit schon ein wichtiges Werk und heute umso mehr, wo es doch in einigen Länder rückwärtigen Entwicklungen gibt was für Frauenrechte an geht, somit ist der Roman aktueller denn denn je. Auch zu empfehlen für alle Tove Ditlevsen Fans.

Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar freundlicherweise von Luchterhand Verlag* zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür! Meine Meinung wurde dadurch nicht beeinflusst.

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