Rezension „Nebenan“ – Kristine Bilkau

Luchterhand Verlag* | Gebundene Ausgabe | 288  Seiten | 22,00 € | Amazon* und im örtlichen Buchhandel

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INHALT:

Ein kleiner Ort am Nord-Ostsee-Kanal, zwischen Natur, Kreisstadt und Industrie, kurz nach dem Jahreswechsel. Mitten aus dem Alltag heraus verschwindet eine Familie spurlos. Das verlassene Haus wird zum gedanklichen Zentrum der Nachbarn: Julia, Ende dreißig, die sich vergeblich ein Kind wünscht, die mit ihrem Freund erst vor Kurzem aus der Großstadt hergezogen ist und einen kleinen Keramikladen mit Online-Shop betreibt. Astrid, Anfang sechzig, die seit Jahrzehnten eine Praxis in der nahen Kreisstadt führt und sich um die alt gewordene Tante sorgt. Und dann ist da das mysteriöse Kind, das im Garten der verschwundenen Familie auftaucht.

MEINUNG:

Von Kristine Bilkaus neuen Roman Nebenan habe ich zum ersten mal in dem Podcast Eat.Read.Sleep gehört. Danach waren eine Freundin und ich bei einer Lesung von der Autorin. Wir waren beide sehr begeistert von Kristine Bilkau und Nebenan, aus welchem sie vorgelesen hat. Danach stand für mich fest, ich muss das Buch unbedingt lesen. Es ist mein erster Roman der Autorin, die bereits schon zwei weitere veröffentlicht hat.

Der Kernpunkt der Geschichte sind Julia und Astrid. Die Kapitel werden abwechselnd aus der Sicht von beiden, allerdings als personaler Erzähler, erzählt. Julia ist Ende 30. Sie ist mit ihrem Freund in einen kleinen Ort nahe des Nord-Ostsee-Kanals gezogen, raus aus der Stadt. Im Ort betreibt sie nun einen Keramikladen. Julia wünscht sich sehnlichst ein Kind zu bekommen. Astrid, die in dem kleinen Ort aufgewachsen ist, ist Anfang 60 und sie betreibt in der nahen Kreisstadt eine Arztpraxis. Bald will sie die Praxis abgeben und in Rente gehen.

Julia und Astrid treten nur indirekt Kontakt. Das ist auch nicht so wichtig. Sie zeigen beide einen exemplarischen biographischen Verlauf als Bewohnerinnen dieses Ortes. Man kann sagen, dass es bei beiden eine Menge innere Themen und Konflikte gibt und die Themen nach außen. Julia möchte unbedingt endlich Mutter werden. Man kann sagen, dass sie von diesem Gedanken besessen ist. Die schaut sich regelmäßig Instagram Kanäle von Müttern an. Sie liest regelmäßig in Schwangerschaft Foren. Sie fühle sich in dem neuen Haus sehr wohl, aber es fehlt das geplante Kind. Ihr Freund macht es ihr nicht unbedingt leichter, in dem er deutlich entspannter sieht als sie. Julia betreibt den Keramikladen in der nahegelegenen Kreisstadt, was alle sehr freut, denn viele solcher kleineren Innenstädte sterben einfach aus, weil die Geschäfte schließen. Julia scheint dennoch nicht komplett ausgelastet zu sein, denn sie beschäftigt sich auch damit, wo ihrer ehemaligen Nachbarn geblieben sind. In meinen Augen übertritt Julia hier einige Grenzen, die über normale Nachbarschaftssorge hinaus gehen.

Astrid steht kurz vor der Rente. Ihr Mann ist bereits in Rente und verbringt seine Zeit viel mit Nachrichten lesen und hören. Astrid erhält eines Tages Drohbriefe. Ihr wird vorgeworfen, dass sie sich zu sehr eingemischt hat. Gleich zu Beginn gibt es einen Vorfall, der eventuell damit zusammen hängen könnte. Kristine Bilkau bringt immer mal wieder in diesem sonst sehr ruhigen Buch einige Sätze unter, die ganz und gar nicht ruhig sind. Oft muss man sich hier aber seinen eigenen Teil denken. Man darf hier nicht erwarten, dass alles am Ende aufgeklärt wird, wie bei einem Krimi. Die Drohbriefe bringen die sonst toughe Astrid sehr durcheinander. Genauso wie die Gesundheit ihrer Tante Elsa, die bereits Mitte 80 ist. Man spürt einfach, dass Astrid schon jetzt vor dem drohenden Verlust der Tante Angst hat, die ihr viel bedeutet und eine Leerstelle in ihrem Leben hinterlassen wird. Ebenfalls wie Julia wird Astrid hier ein bisschen übergriffig, was ihre Tante allerdings bemerkt. Astrid und Julia haben gemeinsam, dass sie mit einem abwesenden Vater und einer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen sind. Auch diese Themen werden immer wieder aufgegriffen. Mir gefiel auch die Atmosphäre, die die Autorin geschaffen hat. Ich konnte mir vieles vor meinem geistigen Auge gut vorstellen.

FAZIT:

Nebenan ist eine ruhige Geschichte, die dennoch so viel Kraft ausstrahlt und die sich mit vielen Themen in unserer Gesellschaft beschäftigt. Es geht nicht nur um Nachbarschaft, sterbende Innenstädte, sondern auch um eigene Wünsche und was man macht, wenn diese nicht in Erfüllung gehen.

Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar freundlicherweise von Luchterhand Verlag zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür! Meine Meinung wurde dadurch nicht beeinflusst.

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Ein Kommentar zu „Rezension „Nebenan“ – Kristine Bilkau

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