Zsolnay Verlag* | Gebundene Ausgabe | 304 Seiten | 25,00 € | Amazon* und im örtlichen Buchhandel
INHALT:
Die Binders und die Strobl-Marineks gönnen sich einen exklusiven Urlaub in der Toskana. Tochter Sophie Luise, 14, durfte gegen die Langeweile ihre Schulfreundin Aayana mitnehmen, ein Flüchtlingskind aus Somalia. Kaum hat man sich mit Prosecco und Antipasti in Ferienlaune gechillt, kommt es zur Katastrophe.
Was ist ein Menschenleben wert? Und jedes gleich viel? Daniel Glattauer packt große Fragen in seinen neuen Roman, den man nicht mehr aus der Hand legen kann und in dem er all sein Können ausspielt: spannende Szenen, starke Dialoge, Sprachwitz. Dabei zeichnet Glattauer ein Sittenbild unserer privilegierten Gesellschaft, entlarvt deren Doppelmoral und leiht jenen seine Stimme, die viel zu selten zu Wort kommen.
MEINUNG:
Ich habe lange nichts von Daniel Glattauer gelesen. Gut gegen Nordwind und die Fortsetzung Alle sieben Wellen mochte ich damals so gerne. Mir gefällt einfach, wie Daniel Glattauer schreibt und die Menschen sehr gut beobachtet.
Alles beginnt damit, dass die Binders und die Strobl-Marineks in einem gemeinsamen Urlaub in die Toskana fahren. Beide Paare haben Kinder. Die ältere Tochter der Strobl-Marineks, Sophie Luise, durfte nach langen Diskussionen eine Schulfreundin mitnehmen. Aayana ist mit ihrer Famile aus Somalia nach Österreich gekommen. Gleich am ersten Tag kommt es zu einer Katastrophe und für beide Familie ist nichts mehr, wie es war.
Irgendwie hatte ich nicht ganz damit gerechnet, dass der Urlaub in der Toskana nur so kurzweilig ist und praktisch nach ein paar Seiten schon vorbei ist. Das Buch dreht viel mehr, um das, was nach dem Unglück um Aayana passiert ist. Aus dem Klappentext war das so nicht ersichtlich. Der große Fokus liegt auf dem Unglück, wie damit umgegangen und was es für Auswirkungen auf alle Beteiligten hat. Vor allem die Strobl-Marineks trifft es sehr hart. Elisa Strobl-Marinek ist aufstrebenden Politikerin und wird dafür natürlich stark kritisiert. Daniel Glattauer hat dazu immer Einschübe von fiktiven Presseartikeln eingeschoben und die Kommentare dazu, die vermutlich die meisten von uns am besten finden. Diese Kommentare spiegeln die öffentliche Meinung in ihrem ganzen gesellschaftlichen Spektrum ab. Ich mag solche Einschübe, aber es sollte erwähnt werden, dass es davon eine ganze Menge gibt. An den Schreibstil von Daniel Glattauer musste ich mich erst gewöhnen, da voll von Sarkasmus war. Einige Formulierungen fand ich auch ein bisschen steif, aber ich denke, dass für das Österreichische normal ist. So fand ich es komisch, das Elisa ihr Tochter immer mit „Kind“ abgesprochen hat. Es wirkte immer so distanziert, aber vielleicht war es auch genau so.
Ich fand den Anfang sehr stark, der Mittelteil hat sich für meinen Geschmack etwas gezogen und den Schluss als es dann noch zu einem Prozess kommt fand ich wieder stark. Der Schluss hat noch mal ganz deutlich daraufhin hingewirkt uns vor Augen zu führen, in welch privilegierten Gesellschaft wir leben und wie wir mit den Menschen umgehen, die unter schwersten Bedingungen zum Schutz des eigenen Lebens zu uns geflüchtet sind vor Krieg, Hunger und erbarmungswürdigen Lebensumständen. Das Buch macht deutlich, dass sich die Gesellschaft und Press nur mit in dem Fall Strobl-Marineks beschäftigt, aber keiner fragt nach der Familie von Aayana und Aayana selbst. Da stellt sich die große Frage, was ein Menschenleben wert ist. Man bekommt schnell den Eindruck, dass hier ein Ungleichgewicht in den Köpfen von vielen gibt und das ist bittere Tatsache, der wir uns als die Privilegierten wohl fast alle stellen müssen.
FAZIT:
Die spürst du nicht war nicht ganz so wie ich es mir anhand des Klappentextes vorgestellt habe, aber ich fand es alles in allem eine gute Geschichte, die wirklich zum Nachdenken anregt. Besonders der Schluss ist sehr eindringlich. Bis dahin musste ich allerdings ein bisschen durchhalten, weil ich in den Mittelteil ein bisschen zäh fand.
Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar freundlicherweise von Zsolnay Verlag* zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür! Meine Meinung wurde dadurch nicht beeinflusst.
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Ein Kommentar zu „Rezension „Die spürst du nicht“ – Daniel Glattauer“