Bastei Lübbe Verlag* | Broschierte Ausgabe | Übersetzer: Thorsten Alms | 496 Seiten | 16,00 € | Amazon* und im örtlichen Buchhandel
INHALT:
Das Festnetz-Telefon klingelt, als sie am Fenster steht und ihren Enkelkindern zum Abschied winkt. Agneta hebt den Hörer ab. „Geiger“, sagt jemand und legt auf. Agneta weiß, was das bedeutet. Sie geht zu dem Versteck, entnimmt eine Waffe mit Schalldämpfer und tritt an ihren Mann heran, der im Wohnzimmer sitzt und Musik hört. Sie setzt den Lauf an seine Schläfe – und drückt ab. Als Kommissarin Sara Nowak von diesem kaltblütigen Mord hört, ist sie alarmiert. Sie kennt die Familie seit ihrer Kindheit …
MEINUNG:
Meine Liebe zu skandinavischen Thrillern und Krimis ist bekannt und ich habe sie schon viele, viele Jahre. Im letzten Jahr ist sie nochmal richtig neu aufgeflammt. Geiger habe ich schon frühzeitig in der Verlagsvorschau entdeckt und es war für mich klar, dass ich das Buch lesen möchte.
Zunächst verrät der Klappentext nicht viel. Agneta, die Mutter zweier Töchter und einer Reihe Enkelkinder ist, erhält einen Anruf und es meldet sich jemand mit „Geiger“. Damit wird etwas in Gang gesetzt, was über Jahrzehnte geschlafen hat. Agneta nimmt eine geheim deponierte Waffe und erschießt ihren Mann. Der Mord bleibt nicht lange unentdeckt und die schwedische Mordkommission rückt an. Außerdem ist Sara Nowak dabei, die eigentlich bei der Sitte arbeitet, aber sie kennt die Familie von Agneta.
Keiner kann sich erklären, was passiert ist, denn Agnetas Mann, war in den 1970er Jahren ein sehr beliebter TV-Moderator und wurde von allen nur Onkel Stellan genannt. Das Wissen von Sara und dem Leser weicht relativ lange voneinander ab, denn dem Leser ist klar, dass Agneta auf keinen Fall, die ist, die sie all die Jahre vorgegeben hat zu sein. Mit dem Telefonat wird ein langes, geheimes Protokoll in Gang gesetzt und führt uns in die Vergangenheit Deutschland und zwar in die DDR und damit auch die Zeit des Kalten Krieges. Auch wenn dies nicht im Klappentext steht, ist das kein großes Geheimnis und man sollte das ruhig wissen, denn es entsteht sehr schnell ein politisch-hochkomplexe Story. Auch wenn ich selbst in der DDR geboren bin, hatten ich von diesen ganzen Sachen, die zu großen Teilen auf Tatsachen beruhen absolut keine Ahnung.
Sara Nowak, die eigentlich keine aktive Ermittlerin ist, lässt die Geschichte auch keine Ruhe und sie verschafft sich Ahnung. Sie ist die Einzige, die den richtigen Riecher hat. Man steigt mit ihr zusammen tief in die Geheimdienstarbeit ein. Mir selbst war die Verbundenheit zwischen Schweden und der DDR auch nicht bekannt. Es war für mich spannend ein Stück DDR-Geschichte neu zu erleben. Gustaf Skördeman muss hier sehr lange und gründlich recherchiert haben. Es breitet alle Zusammenhänge auch gut aus, was die Geschichte anspruchsvoll macht. Es empfiehlt sich nebenbei dazu noch weiter Informationen zu lesen. Ich hatte an der ein oder anderen Stelle, auch mal Mühe den ganzen Verstrickungen zu folgen, zu mal auch eine ganze Menge Namen hochrangiger schwedischer Prominenter als auch Politiker genannte werden, die z.T. aber auch fiktiv sind. Ansonsten ist der Schreibstil leicht zu lesen.
Sara Nowak ist eine Ermittlerin mit sehr vielen Ecken und Kanten. Sie ist verheiratet, hat zwei pubertierende Kinder und reagiert gerne mal ziemlich impulsiv. In Schweden ist das Bezahlen für Sex verboten und so spürt sie Nacht für Nacht Freier auf und wird da auch gerne mal handgreiflich, was ihr Ärger mit ihrer Chefin einbringt. Die ist übrigens die furchtbarste Chefin, die ich je in einem Thriller kennen gelernt habe. Sie denkt nur an ihren eigenen Vorteil. Saras Methoden sind definitiv fragwürdig, aber ihre Wut ist nachvollziehbar. Ihre persönliche Geschichte spielt natürlich hier auch immer wieder mit rein. Ihre Mutter war Putzkraft im Hause Agneta und Stellan. Sie wuchst also mit deren beider Töchter auf, was immer wieder zu Diskrepanzen führt, da sie aus unterschiedlichen sozialen Schichten stammen. Sara kann das zunächst nur schwer ablegen, aber ich hatte den Eindruck, dass sie im Laufe der Geschichte ein bisschen was von ihren Selbstzweifeln ablegen kann.
FAZIT:
Geiger ist ein skandinavischer Thriller der extra Klasse, der mich thematisch wirklich überrascht hat, da ich anhand des Klappentextes nicht geahnt habe, in welche politische Richtung die Geschichte geht. Seit Stieg Larsson war nicht mehr so restlos begeistert und einen Vergleich ist hier durchaus angebracht. Die Geschichte ist hochkomplex und nichts ist so, wie es scheint. Ich freue mich sehr auf den nächsten Band!
Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar freundlicherweise von Bastei Lübbe Verlag* zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür! Meine Meinung wurde dadurch nicht beeinflusst.
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2 Kommentare zu „Rezension „Geiger“ – Gustaf Skördeman“